Liebe Freundinnen und Freunde des Dorfs der Freundschaft in Vietnam,
die weltweiten Auswirkungen des Coronavirus haben uns alle betroffen - auch die internationale Zusammenarbeit mit unseren vietnamesischen Partnern und unsere Vereinsarbeit.
Die Verantwortlichen des Dorfs der Freundschaft haben sehr früh und verantwortungsbewusst auf die Pandemie reagiert und nach dem Ausbruch in China schon Anfang des Jahres veranlasst, dass die Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen nach dem Tet-Fest weiterhin bei ihren Familien bleiben und keine Veteranengruppen im Dorf aufgenommen werden.
Unsere für März organisierte Reise zum internationalen Planungs- und Arbeitstermin im Dorf der Freundschaft wurde aus Sorge um die Gesundheit der aus den USA, Japan, Deutschland und Frankreich anreisenden Teilnehmenden von unseren vietnamesischen Partnern kurzfristig abgesagt. Eine Woche später sprach Vietnam ein generelles Einreiseverbot aus.
Unsere für Mai geplante Mitgliederversammlung des deutschen Vereins ist auf nächstes Jahr verschoben. Wir hoffen, dass wir sie - unter Einhaltung der dann geltenden Auflagen - durchführen können.
Als wir unseren vietnamesischen Partnern Ende April eine Botschaft zum 45. Jahrestag des Kriegsendes in Vietnam schickten, erhielten wir von Direktor Long folgenden Brief:
“(...) Im Namen aller Veteranen, Kinder, der Dorfleitung und der Mitarbeitenden des Dorfs der Freundschaft danken wir Ihnen herzlich für Ihre Gedanken und Wünsche zum Gedenken der 45 Jahre Kriegsende in Vietnam. Aufgrund der Covid-19-Pandemie hat Vietnam keine großen öffentlichen Veranstaltungen und Feiern organisiert; teilweise finden Online-Meetings statt.
Wir möchten unseren besonderen Dank an Sie und alle Unterstützenden ausdrücken, die zusammen in so vielen Jahren gemeinsam gebaut und gearbeitet haben und starke und friedliche Beziehungen entwickelt haben. Und das Dorf der Freundschaft ist immer das Symbol für Frieden und Solidarität.
In dieser schwierigen Zeit der Pandemie wünsche ich Ihnen allen gute Gesundheit. Zurzeit kooperiert das Dorf der Freundschaft mit dem Militärkrankenhaus, dem Armeekrankenhaus 103 und der Psychiatrischen Klinik Hanoi, um vor Corona zu schützen und wurde von dort mit Masken, Sprays und Handdesinfektionsmitteln unterstützt. Das Dorf hat sich gut gegen Corona geschützt, indem überall desinfiziert wurde, bei allen Mitarbeitenden täglich Temperatur gemessen wurde, die Hände gewaschen wurden... Aus dem Stab der Mitarbeitenden ist niemand von Corona betroffen. Das Dorf der Freundschaft wird für die Lebensmittelversorgung der Kinder, die jetzt wegen Covid-19 bei ihren Familien geblieben sind, aufkommen. Ihre Eltern erhalten dieses Geld, wenn sie die Kinder zurück ins Dorf der Freundschaft bringen.
Der vietnamesische Staat hat die “Social distancing”-Maßnahmen gelockert; wir planen, die Kinder zurück ins Dorf der Freundschaft zu holen und eine neue Veteranengruppe aufzunehmen.
Wir wünschen Ihnen und allen Menschen in Ihren Ländern und der ganzen Welt, dass sie sich von der Corona-Pandemie erholen.”
Anfang Juni hat das Dorf der Freundschaft seine Arbeit wieder aufgenommen. Der Direktor schrieb am 16. Juni:
“Anfang Juni hat das Dorf der Freundschaft seine Arbeit wieder aufgenommen. Die Veteranen und Kinder sind zurück ins Dorf der Freundschaft gekommen und ihr Leben im Dorf der Freundschaft normalisiert sich wieder. Alle Kinder schienen sehr glücklich zu sein.
Die Lehrerinnen und Hausmütter, das medizinische Personal sowie alle Mitarbeitenden achten darauf, dass die Kinder und Veteranen strikte Hygieneregeln einhalten. Die Klassenzimmer und die Wohnhäuser werden jeden Tag gereinigt.”
Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben in den letzten Monaten geprägt. So haben wir die Gelegenheit genutzt und unsere jungen Assistenz-Lehrkräfte und die Mitarbeitenden des Dorfes gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Einige Eindrücke finden Sie in diesem Rundbrief.
Zum Schluss noch zwei bemerkenswerte Informationen:
Die Johns Hopkins Universität (*1) meldet für Vietnam (am 3.8.2020) insgesamt 642 corona-infizierte Menschen und bisher sechs Todesfälle.
Immer wieder ist in verschiedenen Medien von Spendenaktionen der Vietnamesen zu lesen:
So am 9.4. in der Süddeutschen Zeitung: “Leipzig hat medizinische Schutzausrüstung aus Vietnam erhalten. Wie die Stadt am Donnerstag mitteilte, spendete das Militärhospital 175 in Ho-Chi-Minh-Stadt 10 000 Gesichtsmasken, 1000 Schutzkittel sowie Schutzbrillen, Handschuhe und Schuhüberzieher.” (*2)
Ebenso in Bremen: “Solidarität in Zeiten der Krise - 100.000 Nasen-Mund-Masken der vietnamesischen Gemeinschaft für Deutschland.
Seit heute gibt es in 14 von 16 Bundesländern Mund-Nase-Schutzmasken aus Vietnam, gespendet von der vietnamesischen Community in Deutschland. Im Rahmen eines Treffens hat die Vietnamesische Gemeinschaft am heutigen Dienstag (26.05.2020) dem Corona-Krisenstab der Freien Hansestadt Bremen 6250 Schutzmasken übergeben. Bremens Polizeipräsident Lutz Müller, gleichzeitig Leiter des Krisenstabes, nahm zusammen mit seinem Co-Leiter, Senator a.D. Dr. Hermann Schulte-Sasse, die handgefertigten Masken von einer vietnamesischen Delegation in Empfang.” (*3)
Das Vietnamesisch-Deutsche Zentrum für Medizinische Forschung in Hanoi spendet dem Universitätsklinikum Tübingen 2000 3M-N95 Schutzmasken sowie 100 Schutzanzüge. (Für mehr Info *4)
Vietnam hat auch in die USA Masken gespendet.
Es tut gut, in diesen schwierigen Zeiten von solch weltumspannender Solidarität zu erfahren.
Mit herzlichen Friedensgrüßen.
Bleiben Sie gesund.
Rosemarie Höhn-Mizo und der Vorstand des Dorfs der Freundschaft in Vietnam
(Dieser Rundbrief kann hier als PDF-Datei herunter geladen werden)
Bui Thi Hoa, 30 Assistenzlehrerin aus der Nähklasse
Wegen der Corona-Pandemie darf ich zu Hause bleiben, habe meiner Mutter bei der Hausarbeit wie Putzen, Kochen, Spülen...geholfen. Ich habe viele konische Hüte (“Non la”) gemacht, um mehr Einkommen zu verdienen, damit ich für mich und meine Familie Lebensmittel kaufen kann. Wegen meiner Körperbehinderung kann ich leider keine schwere Arbeit leisten, deshalb bleibe ich zu Hause und helfe meiner Mutter und Familie bei solchen kleinen Dingen. Meine Gesundheit ist schwächer als bei normalen Menschen, daher muss ich genug essen und mich ausreichend ausruhen, um mich und meine Umgebung vor Krankheiten zu schützen.
Übersetzung: Anh-Thu Truong
Le Van Do, Assistenzlehrer der Computerklasse
Wie alle anderen Vietnamesen bin ich mir bewusst, dass Corona ein sehr gefährliches Virus ist und Vorbeugungsmaßnahmen erforderlich sind. Als ich zum ersten Mal von dem Virus gehört habe, gab es noch keine offiziellen Informationen darüber. Ich wusste aber damals schon, dass ich als Behinderter sehr aufpassen muss, weil mein Immunsystem generell schwach ist und ich schnell infiziert werden kann. Es waren gerade Neujahrferien, als die Epidemie begann.
Ich bin seitdem zu Hause bei meiner Familie. Obwohl es in meinem Dorf keine Corona-Fälle gibt, sind wir alle sehr vorsichtig und halten alle Vorbeugungsmaßnahmen ein. Wir verlassen unser Dorf nicht, wenn es nicht dringend nötig ist. Falls verdächtige Symptome auftreten, muss man in Hausquarantäne bleiben und sich bei medizinischen Fachangestellten der Gemeinde melden. Meine Aktivitäten in der Corona-Zeit sind, mit meinen Neffen und Nichten zu spielen (meistens spielen wir Badminton im Hof vor unserem Haus), Tiere zu züchten und fernzusehen, um mich über die aktuelle Lage der Pandemie zu informieren. Ich weiß nicht, wie lange die Pandemie noch dauert. Deswegen habe ich mich entschieden, mehr Nutztiere wie Hühner und Kaninchen zu züchten, um Fleisch zu bekommen.
... Auch wenn wir uns nun in Vietnam sicher fühlen können, passen wir lieber noch weiterhin auf und halten weiterhin die Vorbeugungsmaßnahmen ein, damit die Corona-Welle nicht zurückkommt.
Übersetzung: Nhung Tuyet Luong
Pham Thi Nga, 26 Assistenzlehrerin der Webereiklasse
Seitdem die Weltgesundheitsorganisation WHO den COVID-19-Ausbruch offiziell zu einer Pandemie erklärt hat, haben viele Leute Angst vor dem Corona-Virus. Das ist eine selbstverständliche Reaktion, weil die Menschheit noch nicht viel über dieses Virus weiß und es noch keinen Impfstoff dagegen gibt. Auch ich hatte sehr viel Angst, weil ich ein Agent Orange Opfer bin und mein Immunsystem dadurch schon immer schwach ist.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich stets gute Verpflegung im Dorf der Freundschaft bekomme. Die Hausmütter, die Lehrerinnen und andere Dorfmitglieder sind immer bei mir, teilen mir die aktuellsten Informationen über das Virus mit und zeigen mir die Vorbeugungsmaßnahmen. Mit deren Hilfe kann ich mich selbst vor dem Virus schützen.
Das sind Gründe dafür, dass meine Familie und ich nicht in Panik geraten oder negative Einstellungen haben. Mein Alltagsleben in der Corona-Zeit zu Hause bei meinen Eltern:
- Jeden Tag koche ich für die ganze Familie und mache andere Haushaltsaufgaben wie: Haus aufräumen, Geschirr spülen und Wäsche waschen.
- Am Vormittag füttere ich unsere Hühner und arbeite dann im Garten. Am Nachmittag gieße ich Gemüse und Pflanzen im Garten.
- Ich helfe meinen Eltern beim Ernten von Gemüse, Obst und Reis. So haben wir genug Lebensmittel zu essen.
- Manchmal helfe ich meinen Großeltern, Strohbesen von Hand zu machen. Diese Strohbesen kann ich auf dem Dorfmarkt verkaufen. Mit dem Geld kann ich mal Essen für meine Familie kaufen.
- In ganz Vietnam gab es 15-Tage-Kontaktbeschränkung vom 01.04. bis 15.04.2020. In dieser Zeit war ich nur zu Hause und hatte keinen Kontakt nach außen.
- Ich habe auch meinen Geschwistern geholfen, ihre Kinder (d.h. meine Neffen und Nichten) zu betreuen und mit denen zu spielen.
Nun gehen die Kinder wieder zur Schule. Man geht auch wieder zur Arbeit. Alle müssen trotzdem weiterhin auf die Vorbeugungsmaßnahmen achten. Ich habe mich über die Nachricht sehr gefreut, dass wir alle ab 16. Juni 2020 wieder im Dorf sein dürfen. Ich freue mich darauf, alle Hausmütter, Lehrerinnen und andere Dorfmitglieder wiederzusehen. An dieser Stelle möchte ich mich beim internationalen Komitee des Dorfs der Freundschaft dafür bedanken, dass wir immer gute Verpflegung im Dorf bekommen, zusammen mit anderen Agent Orange-Opfern lernen und leben. So fühlen wir uns alle viel selbstsicherer und können ein sinnvolleres Leben führen.
Übersetzung: Nhung Tuyet Luong
Vu Thi Thu, 29 Assistenzlehrerin der Blumenklasse
Meine Familie und ich haben uns an die Vorschriften des Dorfvorstehers gehalten, der regelmäßig über die Lautsprecher der Gemeinde informierte, dass wir zu Hause bleiben müssen und nicht von einem Gebiet in ein anderes reisen dürfen. Das Haus nur bei Bedarf verlassen, um Lebensmittel und Notwendiges zu kaufen. Regelmäßig den Mund mit Salzwasser spülen, die Hände mit Seife oder Desinfektionsmittel waschen.
Während der langen Zeit der Pandemie bin ich zurück zuhause in meinem Dorf. Da man gerade nicht zur Schule kann, konnte ich meiner Familie bei täglichen Aufgaben helfen: das Haus putzen und aufräumen, kochen, Garten gießen, Unkraut jäten, Hühner halten, Wäsche waschen, um die Enkel/Nichte/Neffe kümmern...
Ich hoffe dass, die Covid-19-Pandemie bald endet, damit sich mein Leben und das aller Menschen auf der Welt wieder normalisieren kann.
Übersetzung: Jasmine Fritz
Dang Thi Toan, Erzieherin
Der Ausbruch von Covid-19 ist für alle eine Schädigung der Psyche und Gesundheit. Das Versorgen der Kinder war zur Gewohnheit geworden. Ich fühle eine Leere und vermisse die Kinder. Ich kann die Kinder nicht sehen, mich nicht selbst um sie kümmern und mache mir Sorgen um ihre Familien wegen anderer Krankheiten. Durch die täglichen Video-Anrufe über soziale Netzwerke informiere ich mich über das Befinden der einzelnen Kinder und betreue so jedes einzelne Mitglied meiner zweiten Familie. Die Medikamente wurden den einzelnen Kindern nach Hause geschickt. Das Motivieren der Familie der Kinder zu richtigen Schutzmaßnahmen bei der Pandemie ist eine wichtige Tätigkeit, mit der wir nicht wenig Zeit verbringen. Wir denken auch täglich an den aktuellen Zustand der Pandemie in den internationalen Mitgliedsländern des Dorfs der Freundschaft und sorgen uns um die Freunde des Dorfs. Das Einzige, das wir aktuell machen können, ist, die besten Wünsche an alle Freunde zu schicken. Wir wünschen allen, dass sie diese schwierige Phase überwinden. Wir danken Ihnen für alles, was Sie für uns getan haben.
Übersetzung: Frau Bui
Informationen aus der französischen Unterstützergruppe
Die Initiative “8 Stunden für die Opfer von Agent Orange” war wirklich ein Erfolg. Im Saal waren fast 250 Leute anwesend, um eine Ausstellung über die Kinder im Dorf der Freundschaft zu sehen und an einer Diskussion über Agent Orange unter Anwesenheit von Frau Tran To Nga teilzunehmen.
Der Film “Lighter than Orange” kam sehr gut an und der Nachmittag wurde durch ein außergewöhnliches Konzert des Bluesmusikers Watermelon Slim vollendet, sehr engagiert gegen den Krieg und für das Recht auf Wiedergutmachung für die Opfer von Agent Orange.
Text: Alain Bonnet
Übersetzung: Brigitte Müller
Termine
- 17.10.2020, 9.00 - 14.00 Uhr
Flohmarkt
Fußgängerzone Bietigheim-Bissingen - Aufgrund der schwer einschätzbaren Coronasituation hat der Vorstand des Dorfs der Freundschaft e.V. beschlossen, die Mitgliederversammlung auf 2021 zu verlegen. Wir informieren Sie dann rechtzeitig, wo oder wie unsere Versammlung stattfinden kann. Alle derzeitigen Vorstandsmitglieder haben sich bereit erklärt, bis dahin im Amt zu bleiben.
Quellen
Fotos: Dorf der Freundschaft, Bai Thi Hoa, Le Van Do, Pham Thi Nga, Vu Thi Thu