Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

Sie schwätzen viel miteinander

Pham Phuong Hanh nimmt viele Anregungen aus Grafeneck mit nach Vietnam

Pham Phuong Hanh (28) spricht deutsch, versteht aber kein Schwäbisch. Die junge Vietnamesin arbeitete zwei Wochen lang in Grafeneck und fand sich dort auch ohne viele Worte zurecht.

GUDRUN GROSSMANN


Grafeneck. Sie wirkt unbekümmert und strahlt diese typische asiatische Höflichkeit aus. “Hain” wird sie genannt, ganz unkompliziert. Drei Monate verbringt die Vietnamesin in Deutschland, um die Sprache zu lernen, Sonderschulen zu besuchen und um in einer Einrichtung wie dem Samariterstift Grafeneck Erfahrungen zu sammeln. Diese braucht sie für ihre Arbeit zuhause. Phuong Hanh stammt aus Hanoi und ist Computerlehrerin für behinderte Kinder. Sie leben zusammen mit Waisen und Älteren Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, in dem von George Mizo 1992 gegründeten “Dorf der Freundschaft”.

Der US-Veteran wollte ein Zeichen der Hoffnung setzen und durch eine konkrete Hilfe Wunden heilen. Noch heute leiden zwei bis vier Millionen Menschen in Vietnam an den Spätfolgen des Krieges. Schätzungsweise 80 Millionen Fässer mit giftigen Chemikalien sind auf das Land niedergegangen. Zu einer traurigen Berühmtheit hat es “Agent Orange” gebracht, Codename für ein dioxinhaltiges Entlaubungsmittel, das bereits 1963 großflächig eingesetzt und bis heute nicht spurlos verschwunden ist. Der Boden ist kontaminiert, Rückstände belasten die Nahrungskette.

Die Folge sind erhebliche Schädigungen des Erbguts, viele Kinder werden mit schweren Behinderungen geboren.

Phuong Hanh eröffnet vielen von ihnen die Computerwelt und ermöglicht dadurch eine Art der Kommunikation. Für die Verständigung setzt sie auch Körpersprache ein. Ihre Gestik, ihr Lachen, ihre Art zu schauen und zu verstehen schaffen einen Zugang.

Sicherlich haben in Grafeneck viele von ihr gelernt, sie aber bedankt sich für die Anregungen, für alles, was sie erleben durfte. “Es wird gut in den Wohngruppen gearbeitet und für die Bewohner gesorgt.” Sport, Singen, Ausflüge – das Angebot beeindruckt sie, die Werkstatt mit ihren vielen Möglichkeiten, die Modernität der Einrichtung und vor allem die Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit während der Nazidiktatur. “Man darf das nicht vergessen,” sagt sie in ernstem Ton.

Wenn sie zurück ist, wird sie darüber berichten. Ihre Filme und Protokolle sind für die Kollegen bestimmt, die sich so über neue Therapiemethoden informieren können. Sie werden zum Beispiel erfahren wie wohlig es ist, im Snoezelraum zu entspannen und wie Möglichkeiten der basalen Stimulation ausgeschöpft werden können.

Gestern war ihr letzter Tag auf der Alb. Hanh ist zu ihrem Bruder Pham Xuan Luong geflogen, der in der vietnamesischen Botschaft in Berlin arbeitet. Sie wird mit ihm die Hauptstadt erkunden und sich für einen dreiwöchigen Sprachkurs anmelden. Von Grafeneck nimmt sie gute Erinnerungen mit. “Die Mitarbeiter und Bewohner haben einen guten Kontakt und schwätzen viel miteinander,“ sagt sie, ohne zu bemerken, dass sich der Dialekt in ihren Wortschatz eingeschlichen hat.

Info

Wer mehr über die Einrichtung in Vietnam mehr erfahren möchte, erhält unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder unter www.dorfderfreundschaft.de weitere Auskunft.Weitere Infos gibt es im Samariterstift Grafeneck. Leiter Markus Mörike fasst eine Partnerschaft mit dem “Dorf der Freundschaft” und weitere Kontakte ins Auge.

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Verlages