Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

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Liebe Freundinnen und Freunde des Dorfs der Freundschaft,

Herr Direktor Tuyen schreibt in seinem neuesten Bericht, dass im vergangenen Vierteljahr Besucher und Freiwillige aus 15 verschiedenen Nationen im Dorf der Freundschaft zu Gast waren. Es mag nicht immer einfach sein, diese Fülle an Besuchern zu bewältigen – und doch sind es die offenen Begegnungen und der Austausch, die gemeinsames Lernen und viele positive Erfahrungen für alle Beteiligten ermöglichen. Der Erfahrungsbericht von Ingrid Kurzawa-Do gibt Ihnen einen kleinen Einblick in das Leben und Lernen im Dorf der Freundschaft, das Sie mit Ihrer Unterstützung möglich machen.

Mit herzlichem Dank und allen guten Wünschen

Rosemarie Höhn-Mizo

 Der Rundbrief kann hier als PDF herunter geladen werden.

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Ein Monat Schule im Dorf der Freundschaft

Als frisch pensionierte Förderschullehrerin auf dem Weg nach Asien führte mich meine erste Etappe nach Hanoi ins “Dorf der Freundschaft”. Ich wollte gerne einen Monat lang meine Kenntnisse und Erfahrung in den Dienst der dortigen Schule stellen. Es war mir angesichts der beschränkten Zeit bewusst, dass es nur ein sandkorngroßes Stück an Unterstützung sein konnte und ich war gespannt, in welcher Weise ich aktiv werden könnte.

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Mit Rosemarie Mizo war im Vorfeld besprochen, dass meine Aufgabe in der methodischen Unterstützung der Lehrkräfte liegen könnte. Genaueres ließ sich vorab nicht eingrenzen. Da auch im Kontakt mit den Lehrerinnen Sprachbarrieren zu erwarten waren, wurde mir eine englischsprachige Studentin an die Seite gestellt. Sie zeigte hohes Engagement, Verständigkeit für meine Absichten und Findigkeit im Organisieren und Besorgen von Nötigem.

Nicht nur einmal sauste ich auf dem Rücksitz ihres Motorrades quer durch die Stadt, um Material für Arbeitsmittel zu finden.

Auch vom Leiter des Dorfes und anderen Mitarbeitern wurde mir jegliche Unterstützung zuteil, wofür ich ebenfalls sehr dankbar bin.

Ich wurde überaus herzlich aufgenommen. Ein Jeder mühte sich mit dem Namen Ingrid, ich hörte auf alle zweisilbigen i-Laute. Die Lehrkräfte zeigten sich interessiert und hatten offensichtlich den Wunsch nach Unterstützung. Bei einem Durchlauf durch die fünf Jahrgänge der “klassischen” Schule und die fünf Klassen der Berufsvorbereitung wurde deutlich, dass besonders in den erstgenannten Klassenverbänden die Anzahl von 13 bis 19 SchülerInnen mit sehr unterschiedlichem Förderbedarf bei nur einer Lehrkraft eine schier unlösbare Herausforderung darstellt. In einigen Klassen konnten durch die Mitarbeit von Volunteers Kinder mit hohem Unterstützungsbedarf gezielt begleitet und zeitweilig auch Einzel- und Gruppenunterricht angeboten werden. [...]

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Ich wollte mich auf die Entwicklung und Bereitstellung von differenziertem, möglichst vielseitigem Förder- und Arbeitsmaterial fokussieren und dessen Einsatz mit den Lehrerinnen besprechen. Das Material sollte möglichst allen Kinder eigenaktives und motivierendes Lernen mit allen Sinnen anbieten und langfristig die Lehrkraft entlasten bzw. für individuelle Lernbegleitung freier machen.

Gedacht, getan - der Materialvorrat der Schule wurde gesichtet, Nötiges besorgt und ein leerer Klassenraum zur viel besuchten Werkstatt, in der immer wieder neue Ideen entstanden, in der LehrerInnen zunehmend selbst Hand anlegten und auch einige der älteren Schüler begeistert mithalfen. Wünsche wurden entgegen genommen und bearbeitet. Immer wieder wurde “ausgeliefert” und erprobt.

Manche der Lernübungen waren basal angelegt, andere auf bereits abstrakterem Niveau und mit Selbstkontrollmöglichkeit. Das Prinzip der Selbstkontrolle war noch unbekannt und fand Interesse.

Am Ende der ersten Arbeitswoche wurde eine kurze Besprechung mit allen PädagogInnen anberaumt. Ich hatte mit Hilfe meiner Dolmetscherin die Möglichkeit, grundsätzlich zu meinem Vorhaben zu erzählen und die ersten exemplarischen Ergebnisse in ihren vielfältigen Einsatz- möglichkeiten zu demonstrieren.

Von da an wurden die Kontakte, die Gespräche, die Fragen gezielter. Besonders beliebt waren Memories, die Fotos der Schüler mit ihrem Namen und dem Anfangsbuchstaben kombinieren. Einige SchülerInnen haben damit flugs ihren Namen lesen gelernt. Daneben bereiteten wir Kletttafeln für Arbeitsanweisungen, Rezepte und Bildfolgen vor. Wir entwarfen Gruppenspiele, bei denen gezählt, gerechnet und natürlich auch gewonnen (und verloren) wurde und entwickelten Ideen für partnerschaftliche Lerngruppen, besorgten Material für Darstellung, Spiel und Wahrnehmung, für praktische Mathematik sowie Bilderreihen für die Begriffsbildung der nicht sprechenden SchülerInnen. Damit kann das Lernen etwas unabhängiger von der Person der Lehrkraft erfolgen und mehr Zeit für individuelle Hilfen eingesetzt werden. Die Kinder selbst sind in der Regel leicht für aktive Auseinandersetzung mit Material und Inhalt zu gewinnen und lernen dort am Meisten, wo sie Bedeutsamkeit für sich und Freude am Tun erleben.

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So vergingen im Wechselspiel zwischen Schulalltag und Werkstatt vier wunderbare Wochen in der Schulgemeinschaft des Dorfes, die mir mehr und mehr ans Herz wuchs. Am letzten Tag, es war schon kurz vor dem Neujahrsfest, feierten wir eine Schulparty, die von einigen Lehrerinnen und älteren SchülerInnen tatkräftig und mit viel Spaß vorbereitet wurde. Die Schulküche wurde zum Logistikzentrum, der Gymnastikraum zum Buffet. Die Düfte von Bananenkuchen und anderen Köstlichkeiten waberten schon seit Stunden ums Haus, es kamen immer mehr “Zaungäste!” zur Küche und wurden auf “später!” vertröstet. Das “Später!” wurde dann ein so fröhliches Schmausen, dass mir das Herz hüpfte. Mit großem Appetit und guter Laune wurde ein Riesenbuffet mit Früchten und Naschwerk leer gefuttert.

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Als dann alle aufgeräumt und die Küche wieder blank geputzt hatten, war der Moment des Abschiednehmens da. “Auf Wiedersehen!” - das ist wohl wörtlich zu nehmen. Wenn ich gesund bleibe, möchte ich den Faden, der gesponnen wurde, gerne wieder aufnehmen, vielleicht schon von zuhause aus. Es ist ja zunächst ein dünner, kurzer Faden, der aber länger und fester werden kann, davon bin ich überzeugt! Vielleicht spinnen Andere ihn mit und weiter? Diese Kinder und Jugendlichen sind großartig und die zugewandte Arbeit der LehrerInnen verdient Respekt und Unterstützung.

Ingrid Kurzawa-Do


 

Mit-Wirkung: Dorf der Freundschaft beteiligte sich am Deutschen Evangelischen Kirchentag

Dieses Jahr machte die “Kirchentagskarawane” unter der Losung “Damit wir klug werden” (Psalm 90, 12) wieder einmal in Süddeutschland Station. Der Vorstand des deutschen Vereins hatte daher beschlossen, mit einem Stand auf dem “Markt der Möglichkeiten” mitzuwirken. Zwar konnten letztlich nicht ganz so viele SympathisantInnen wie erhofft mitwirken, aber all denen, die sich trotz der südostasiatisch anmutenden klimatischen Bedingungen für das Dorf der Freundschaft engagiert haben, gilt unser herzlicher Dank!!

Auf Basis der exzellenten Porträtfotos aus dem Dokumentarfilm von Matthias Leupold ist es “unserer” Graphikerin Heidi Ottmar unter Mitwirkung einiger UnterstützerInnen prima gelungen, die Gesichter der Kinder, Jugendlichen und Veteranen bei der Standgestaltung optisch sehr gut zu präsentieren.

Zahlreiche BesucherInnen hat dies sehr angesprochen: viele blieben stehen, um sich die Porträts stumm zu betrachten und sich ihre eigenen Gedanken dazu zu machen – andere wurden dadurch angeregt, mit uns ins Gespräch zu kommen.

Mit zu den besten Erlebnissen des Kirchentages gehört für mich auch die Zeit als Mitarbeitender am “Dorf”-Stand. Obwohl es wegen der Hitze anstrengend war, habe ich u.a. mit jüngeren Menschen gesprochen, die von Agent Orange noch nie etwas gehört hatten und von sich aus nachgefragt haben, worum es geht. Kommentar z.B.: “Krass, ey!”

Mit einer Gruppe von Menschen mit geistiger Behinderung, deren Begleiterin ihnen in leichter Sprache “übersetzt hat, worum es im Dorf geht, nachdem sie an den Fotos “hängen geblieben” waren. Und z.B. mit einer älteren Dame, die sich daran erinnerte, wie sie selber gegen den Vietnam- Krieg demonstriert hat.

Ebenso gelungen war die Idee, eine Infokarte über das Dorf der Freundschaft mit einer Fotopostkarte aus Vietnam zu kombinieren. Über 100 Besucherinnen und Besucher haben eine Fotopostkarte mit ihrem “Gruß vom Kirchentag” geschrieben und in den Briefkasten am Stand eingeworfen; die Infokarte nebst Kugelschreiber mit Dorflogo und Internetadresse haben sie dabei meist mitgenommen.

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Über den Stand auf dem Markt der Möglichkeiten hinaus wurde im Zentrum Frieden (www.zentrumfrieden2015.de) parallel zum Kirchentag Matthias Leupolds Dokumentarfilm “Lighter than Orange” (www.lighterthanorange.com) gezeigt. Eine zentrale Rolle spielen darin die Folgeschäden von Agent Orange und die Schicksale und Biographien von Veteranen, die sich eine Zeit lang im Dorf der Freundschaft aufhielten. Trotz abendlich später Uhrzeit und immer noch großer Wärme waren zur Filmvorführung und dem anschließenden Gespräch mit Rosi zahlreiche ZuschauerInnen erschienen.

Im unmittelbaren Bezug zu dem Film und dem Dorf der Freundschaft, aber auch mit Blick auf die aktuelle weltpolitische Lage wäre es klug gewesen, Vers 12 aus Psalm 90 für den Kirchentag in Gänze zu wählen: “Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.”

Rainer Hub

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Konzert in Paris

Das französische Komitee zur Unterstützung des Dorfs der Freundschaft veranstaltete am 15.3.2015 im Rathaus des 11. Bezirks in Paris ein Benefizkonzert. Etwa 150 Gäste waren erschienen, darunter etliche Franco-Vietnamesen, um dem Pianisten Cân Vu Ngoc und der Flötistin Isabelle Hureau zu lauschen.

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Raphael Vahé, der Vorsitzende des französischen Komitees, Francois Vaulin, der Bürgermeister des 11. Bezirks und Nguyên Ngoc Son, der vietnamesische Botschafter in Paris sprachen vor Beginn des Konzerts Grußworte. Zum Abschluss gab es einen Umtrunk und angeregte Gespräche.


 

Vietnam - jenseits von Krieg und Kadern

Unter Leitung von Sven Hansen (taz- Ressortleiter “Südostasien”) findet vom 11.-24. Januar 2016 im Rahmen der “taz-Reisen in die Zivilgesellschaft” wieder eine Reise nach Vietnam statt. Am 22. Januar wird das Dorf der Freundschaft bei dieser von Süden (Saigon) nach Norden (Hanoi) führenden Rundreise besucht. Unsere ehrenamtliche Mitarbeiterin Le Hong Hoa wirkt dabei als Dolmetscherin für die Gespräche mit Veteranen, Jugendlichen und der Dorfleitung mit. Der deutsche Verein des Dorfs der Freundschaft ist wieder Kooperationsipartner der taz.

Die Reise führt u.a. über Hoi An, Hue und die Halong-Bucht. Neben touristischen Reisezielen werden zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte und Initiativen besucht. Weitere Infos unter: www.taz.de/tazreisen.

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Termine

  • Politkino “Lighter than Orange”
    10. November 2015
    Club Vaudeville, von Beling-Str. 6-8,
    88131 Lindau
  • Konzert Flötenensemble Besigheim
    22. November 2015, 17.00 Uhr
    Stadtkirche, 74354 Besigheim

 

Wir bedanken uns ganz herzlich...

... bei unserem Vereinsmitglied, Journalist und Autor Robert Asam, der im vergangenen Jahr eine Lesereise zugunsten des Dorfs der Freundschaft mit Stationen in Berlin, in vielen Orten Südtrirols und in Besigheim durchführte.

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Sein Buch “Vietnam - auf dem Weg in eine neue Zeit” kann bei uns für € 19,90.- zzgl. Versandkosten bestellt werden. Ein Teil des Erlöses geht als Spende an das Dorf der Freundschaft.

Weitere Infos zum Buch finden Sie auch hier.

Fotos: Brigitte Müller / Rosemarie Höhn-Mizo / Ingrid Kurzawa-Do

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